Internationaler Grüner Protest gegen belgische Atompläne

Gegen die belgischen Pläne einer Laufzeitverlängerung der AKW in Tihange und Doel und der damit verbundenen Suche nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle formiert sich auf Seiten der Grünen internationaler Widerstand: In einem Brief an Premierministerin Sophie Wilmes fordern Abgeordnete und Europaabgeordnete aus Luxemburg, den Niederlanden, Rheinland-Pfalz und NRW gemeinsam mit Grünen Staatssekretären und Bürgermeistern sowie den Vorsitzenden des Kreisverbandes Aachen und den Vorsitzenden der Eifeler Ortsverbände Bitburg, Monschau, Simmerath und Roetgen, die AKW in Tihange und Doel so schnell wie möglich vom Netz zu nehmen, das Konsultationsverfahren für  das geplante Atommüllendlager zu verlängern und die europäischen Nachbarn mit einzubeziehen.

Wenn ihr diese Initiative unterstützen wollt, dann zeichnet diese Petition:

https://www.change.org/p/belgische-regierung-stoppt-die-laufzeitverlängerung-für-belgiens-akws-endlagersuche-nur-mit-den-eu-nachbarn


Der Brief im Wortlaut:

Sophie Wilmes 

Premierministerin des Königreich Belgien  

16, Rue de la Loi  1000 Brüssel 

 26. Mai 2020 

GRÜNE gegen Laufzeitverlängerung der belgischen AKW – Endlagersuche nur mit den Europäischen Nachbarn 

Sehr geehrte Frau Premierministerin, 

Obwohl in Belgien seit Jahrzehnten Atomkraftwerke betrieben werden, gibt es dort – wie in allen anderen Staaten der Welt – bisher kein Endlager für den dabei anfallenden hochradioaktiven Atommüll. Anstatt möglichst wenig Müll zu produzieren, wird gegenwärtig sogar eine Laufzeitverlängerung der Meiler in Tihange und Doel debattiert – weit über deren ursprünglich vorgesehene Lebensdauer hinaus. Es ist völlig unklar, wie mit dieser für tausende von Jahren strahlenden Hinterlassenschaft der Atomkraftnutzung umgegangen werden soll. 

Die für Atommüll zuständige, belgische Behörde NERAS führt nun überraschend eine Konsultation für ein Atommüll-Endlager in Belgien durch. Ziel des Verfahrens ist es festzulegen, auf welche Art und Weise der Atommüll in Belgien gelagert werden soll. Als einzige Alternative wird ein unterirdisches Endlager für den Müll aus den Atomkraftwerken Doel und Tihange vorgeschlagen. Das Verfahren begann am 15. April und läuft noch bis zum 13. Juni. Die Untersuchung enthält auch schon Standorte, die geologisch für eine solche Lagerung infrage kommen. Dabei werden Orte in Betracht gezogen, die sich in direkter Nähe von niederländischen, luxemburgischen und deutschen Grenzgebieten befinden. Darunter sind auch ausgewiesene Naturschutzgebiete. Dass Belgien sich um einen Endlagerstandort kümmert, ist natürlich richtig. Der bisher produzierte nukleare Müll muss an einem möglichst sicheren Ort dauerhaft gelagert werden können. 

Das belgische Vorgehen widerspricht aber den Verfahren, wie sie in einem Vereinten Europa eigentlich der Standard sein sollten. Zum einen findet die Konsultation mitten in den Ausgangssperren und unter Kontaktbeschränkungen statt. Das hindert Bürgerinnen und Bürger, gerade aus Risikogruppen, sich zu beteiligen oder zu demonstrieren. Selbst der Vorstoß des belgischen Grünen Abgeordneten Samuel Cogolati, den Konsultationszeitraums um 30 Tage zu verlängern, wurde im zuständigen Ausschuss abgelehnt. Zum anderen wurden weder Menschen noch Behörden in den Grenzregionen in Deutschland, den Niederlanden und Luxemburg informiert. Das verstößt gegen geltendes EU Recht und internationale Konventionen. 

Laut Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs muss Belgien für die geplante Laufzeitverlängerung außerdem eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung durchführen – was bis heute nicht erfolgt ist. Gleiches dürfte für ein grenznahes Endlager gelten. Das bestärkt unseren Eindruck, dass hier eine unpopuläre Entscheidung im Schatten der Corona-Krise durchgedrückt werden soll. Wir stehen am Beginn eines Entscheidungsprozesses, der massive Auswirkungen auf das Leben der Menschen in unserer Region haben wird – und das für tausende Jahre. Dieser Tragweite und dieser Realität wird das Vorgehen der belgischen Behörden nicht gerecht. 

Das Verfahren muss von Beginn an in einer breiten Öffentlichkeit diskutiert und mit allen Beteiligten demokratisch ausgehandelt werden. Das überhastete Verfahren der belgischen Behörden muss auch vor dem Hintergrund der geplanten Laufzeitverlängerungen der Atomkraftwerke in Tihange und Doel interpretiert werden. Mit dem Beginn der Suche nach einem Endlager soll ganz offensichtlich der Anschein eines sicheren Weiterbetriebs gewahrt werden, weit über die geplante Lebensdauer hinaus. 

Wir fordern: 

  • Die Atommeiler in Tihange und Doel müssen so schnell wie möglich vom Netz. Die Menge des hochradioaktiven Atommülls darf nicht weiter zunehmen, ohne über ein sicheres Endlager zu verfügen. Das heißt selbstverständlich auch, es darf keine Laufzeitverlängerungen für belgische Atomkraftwerke geben 
  • Das belgische Konsultationsverfahren muss über das Ende der Ausgangsbeschränkungen hinaus verlängert werden. Ein entsprechender Entwurf von Ecolo sollte am 28.5. im belgischen Parlament beschlossen werden. Alle Bürgerinnen und Bürger – auch jene die Corona-Risikogruppen angehören – müssen die Möglichkeit haben, ihr Recht auf demokratische Teilhabe umfassend in Anspruch zu nehmen 
  • Das Konsultationsverfahren muss auch für die Bürgerinnen und Bürger, Gebietskörperschaften und allen anderen Institutionen in den betroffenen Nachbarstaaten geöffnet werden. Alle weiteren Schritte der belgischen Behörden müssen transparent kommuniziert und mit den Behörden und den Bürgerinnen und Bürgern in den betroffenen Nachbarstaaten koordiniert werden! 

Daniel Freund, Europaabgeordneter, Aachen, 
B90/GRÜNE Oliver Krischer, Bundestagsabgeordneter, Düren, 
B90/GRÜNE Mona Neubaur, Landesvorsitzende B90/GRÜNE NRW 
Christian Kmiotek, Co-Präsident Déi Gréng, Luxemburg 
Wibke Brems, Sprecherin Energiepolitik GRÜNE Landtagsfraktion NRW 
François Benoy, Vorsitzender des Umweltausschusses der luxemburgischen Abgeordnetenkammer, 
Déi Gréng Thomas Griese, Staatssekretär im Umweltministerium Rheinland-Pfalz B90/GRÜNE 
Tilly Metz, Europaabgeordnete, Luxemburg, 
Déi Gréng Terry Reintke, Europaabgeordnete, Gelsenkirchen, B90/GRÜNE 
Alexandra Geese, Europaabgeordnete, Bonn, B90/GRÜNE 
Jutta Paulus, Europaabgeordnete, Rheinland-Pfalz, B90/GRÜNE 
Sven Giegold, Europaabgeordneter, Düsseldorf, B90/GRÜNE 
Suzanne Kröger, Abgeordnete Tweede Kamerlid, Groen Links 
Gisela Nacken, Vorsitzende Kreisverband Aachen B90/GRÜNE 
Alexander Tietz-Latza, Vorsitzender Kreisverband Aachen B90/GRÜNE 
Kathleen Mertens, Abgeordnete statenlid Limburg, GroenLinks 
Hagar Roijackers, Abgeordnete statenlid Noord-Brabant, GroenLinks 
Hilde Scheidt, Bürgermeisterin Aachen 
Sibylle Keupen, OB-Kandidatin der Grünen in Aachen 
Stéphanie Empain, Abgeordnetenkammer Luxemburg, Déi Gréng 
Ulrike Höfken, Vorsitzende KV Bitburg-Prüm, B90/GRÜNE 
Renate Krickel, Ortsvorsitzende B90/GRÜNE Monschau 
Christa Heners, Ortsvorsitzende B90/GRÜNE Roetgen 
Günter Thimm, Ortsvorsitzender B90/GRÜNE Simmerath 
Ulla Griepentrog, Ortsvorsitzende B90/GRÜNE Aachen 
Sebastian Breuer, Ortsvorsitzender B90/GRÜNE Aachen